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1.-6.10.17


Dank mit Scham

Psalm 145,15


Das Brot - Inbegriff der Nahrung.

Unser Tisch ist täglich reich gedeckt. Wir danken Gott für die Fülle seiner Gaben.

Wir danken ihm - und wir tun dies mit einer gewissen Scham. Wir sind beschämt durch den Reichtum der Güter, mit dem wir schon lange und immer noch gesegnet sind.

Gott, wir danken dir, dass es uns so gut geht.

Uns gehen dabei die vielen Menschen nicht aus dem Sinn,
die sich nur von den Brosamen der Reichen ernähren können; und wir denken an die vielen, die selbst die Brosamen noch entbehren müssen.

Wie viele Augen warten auf die Speise - wie viele Mägen gehen leer aus?!

Die Gnade unseres Wohlergehens ist uns ein Rätsel.
Gottes Gerechtigkeit ist uns ein Rätsel.

Sie beglückt und erschreckt uns zugleich.
Sie ist nicht unser Verdienst.
Sie hat auch nicht mit den Verfehlungen anderer zu tun.
Sie ist nicht berechenbar und nicht erklärbar.
Sie ist ein Geschenk, aber es bedarf eines großen Glaubens,
sie als solches vorbehaltlos freudig und mit Dankbarkeit anzunehmen.

Eines Glaubens, der sich ganz dem Geheimnis Gottes hingibt; der sich seinem Willen ganz übergibt: „Gott, dein Wille geschehe.“ Eines Glaubens, der den Schöpfer Herr über seine Geschöpfe sein lässt. 

Wenn wir nicht gerade gleichgültig und gänzlich Ich-bezogen sind, brauchen wir einen solchen Glauben an die Souveränität Gottes, um uns an der uns gegebenen Fülle im Angesicht des weitverbreiteten Hungers  erfreuen zu können: Gott ist’s, der die Welt in seinen Händen hält. 

Unser Wohlergehen ist ein Geschenk. Dieses Privileg ist aber auch eine moralische Last, eine ethische Verpflichtung. Wir können uns so reich nur beschenken lassen, wenn wir uns zugleich in die Mitverantwortung für die Zustände unserer Welt hineinrufen lassen. Diese Mitverantwortung wahrzunehmen, das sei unser Dank.

(Morgenandacht auf Burg Schwarzenfels 6. Oktober 1983)

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