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15.-21.4.18


Zuwendung: Nachfrage und Angebot

Johannes 10,11.27.28


Dem Spruch dieser Woche kann ich eine autobiographische Notiz hinzufügen: Der Satz ist mein Konfirmationsspruch. Ich habe ihn mir damals nicht selbst ausgesucht. Er ist von meinem Konfirmator ausgewählt worden. 

Im Nachherein habe ich mir durchaus Gedanken gemacht, ob es höhere Fügung war und ob es von vornherein seinen Sinn gehabt hat, dass gerade mir dieser Spruch zuteil geworden ist. Denn er lässt sich auch pastoral im Sinne meines heutigen Berufes verstehen. Hat der Konfirmator schon geahnt, was aus seinem Konfirmanden werden würde? Oder hat er den Lauf der Dinge auf diesem Wege vielleicht beeinflussen wollen? Zumal ich ihn kurz vor der Konfirmation um ein persönliches Gespräch gebeten hatte. Ich wollte ihm darlegen, dass ich mich nicht konfirmieren lassen könnte. Mir würde das alles nichts sagen, was ich im Konfirmandenunterricht erfahren hatte. Ich habe mich dann doch konfirmieren lassen. Das persönliche Gespräch hatte was gebracht. 

Leider mache ich fast jedes Jahr die Erfahrung, dass mir eine Konfirmandin oder ein Konfirmand abhanden kommt wegen solcher grundsätzlichen Bedenken auf Seiten der Konfirmandin oder des Konfirmanden. Das habe ich immer als schmerzlich empfunden, zumal es sich dabei jeweils um besonders ernsthafte Jugendliche handelte. Ein vorheriges Gespräch hatte allerdings keiner der Jugendlichen gesucht. Die Entscheidung war immer schon gefallen. 

„Meine Schafe hören meine Stimme und sie folgen mir“ - es wäre schön, wenn das die Überschrift über mein Pastorendasein sein könnte. Die Wirklichkeit sieht jedoch anders aus - auch abgesehen von den Konfirmanden. 

Aber dies ist vielleicht auch gar nicht das richtige Bild für den Pastorenberuf. Das andere Bild ist vielleicht das angemessenere, nämlich das vom Hirten, der seinen Schafen nachläuft und der vor allem das verlorene Schaf sucht. 

Es hat keinen Sinn, dass wir über diejenigen gram sind, die uns nicht folgen, und ich meine nun nicht speziell uns Pastoren. Ich meine jetzt uns alle, die wir es eigentlich gern hätten, wenn uns möglichst viele folgen würden auf unserem Weg des Glaubens.

Es ist nicht einmal das besondere Merkmal Jesu Christi, dass ihm die Leute in Scharen nachgelaufen wären. Was wir an ihm schätzen, ist gerade das andere: dass er den Menschen nachgegangen ist, und zwar denen, die ihn für ihr Leben brauchten, für die er eine not-wendende Bedeutung hatte. 

Wir sollen gewiss nicht den Leuten nachlaufen in dem Sinne, dass wir ihnen etwas aufdrängen sollten, was sie gar nicht wollen. Es gibt aber genug Menschen, davon bin ich überzeugt, mehr als genug, die das Angebot der Kirche, nämlich die liebevolle menschliche Zuwendung - gern mit offenen Armen annehmen, wenn wir ihnen nur nachgehen, sie suchen und sie an ihrem Ort der Verlorenheit aufspüren.

(Andacht vor der Bezirksvertretung der Synode am 9. Januar 1992 in St. Markus, Hamburg-Hoheluft)

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