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9.-15.7.17


Jeder trage seine eigene Last?

Galater 6,2


Warum hat Paulus uns nicht den Rat gegeben: „Ein jeder trage seine eigene Last!“? Damit hätte jeder doch schon genug zu tun. So sagen es manche, wenn zum Beispiel zur Hilfe gegenüber Ländern der Dritten Welt aufgerufen wird: „In unserem Land gibt es doch genug Probleme.“ Oder wenn sie ganz persönlich einem Mitmenschen helfen sollen: „Ich habe selbst genug Sorgen.“

Warum also hat Paulus nicht aufgefordert: „Ein jeder trage seine eigene Last!“? Eine Antwort könnte sein: Weil wir unsere eigene Last eben oft nicht  selbst tragen können und wir darum auf fremde Hilfe angewiesen sind. Und dies gilt für jeden Menschen. Wir sind alle auf gegenseitige Unterstützung angewiesen.

Es ist aber nicht immer einfach, anderen Lasten abzunehmen! Nicht nur, weil wir uns dabei überheben könnten, wenn wir die Beschwernisse des anderen auch noch mitzutragen versuchten. Sondern auch weil der andere unsere Hilfe vielleicht gar nicht annehmen will oder nicht anzunehmen fähig ist oder unsere Hilfe zu seinem Schaden missbraucht oder wir einsehen müssen, dass wir dem anderen die Verantwortung für sich selbst nicht abnehmen können.

„Ein jeder trage seine eigene Last“ - wenn Paulus diesen Rat gegeben hätte, wäre uns sicherlich manche enttäuschende Erfahrung erspart geblieben. Denn, wie der Volksmund sagt: „Undank ist der Welt Lohn.“ Der Versuch, anderen zu helfen, kann manchmal in eine unbefriedigende Erfahrung münden.

Paulus legt uns dennoch nahe: „Einer trage des anderen Last!“  Das ist ein Satz gegen die Ich-Bezogenheit und für die Gemeinschaft. Mit Blick auf Christus tritt Paulus für eine bestimmte Konzeption ein, die keineswegs selbstverständlich ist. Sie entspricht unserem mitmenschlichen Auftrag und ist um einer menschlichen Gesellschaft willen auch nötig.

(Morgenandacht in St. Markus, Hamburg-Hoheluft am 10. Juli 1990)

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