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23.-29.6.19


Wir haben sein Vertrauen

Lukas 10,16a


Jesus sagt diesen Satz zu zweiundsiebzig Jüngern, zu Menschen, die er ausgewählt hat. Sie sollen ihm voraus in die Städte gehen und die Ankunft des Reiches Gottes ankündigen, eine gewiss nicht leichte Aufgabe. Auf die Schwierigkeiten weist Jesus selbst hin: „Manche werden euch aufnehmen und anhören; andere werden nichts von euch wissen wollen.“ Dann sagt er diesen Satz: „Wer euch hört, der hört mich; und wer euch verachtet, der verachtet mich.“ 

Mit diesem Satz stärkt er denen, die er aussendet, den Rücken und gibt ihnen ein Stück Trost mit auf den Weg. Er stärkt ihnen den Rücken, weil er eine ganze Menge Vertrauen in sie setzt: „Wer euch  hört, der hört mich.“ Diese Leute hätten das von sich aus so wohl nicht zu sagen gewagt. Ich unterstelle ihnen diese Bescheidenheit. Sie hätten von sich aus wohl nicht zu sagen gewagt: „Wer mich hört, der hört Jesus Christus.“

Auch wenn wir von Jesus Christus reden, werden wir uns hüten, unser Reden so hoch einzustufen. Unser Reden ist Stückwerk und stümperhaft. Wir werden uns nie sicher sein können, dass nicht wir selbst es vor allem sind, die in unserem Reden zu Worte kommen, statt dass wir Jesus Christus durch uns reden lassen. 

Aber wenn Jesus selbst das sagt: „Wer euch hört, der hört mich“, dann ist das ein Beweis des Vertrauens, eines Vertrauens, das größer ist als das, was wir zu leisten vermögen. Wir sind eines so großen Vertrauens eigentlich nicht wert. Es ist eine wunderbare Sache, wenn uns einer so viel zutraut. Stärkt uns das nicht? Erhebt uns das nicht? Wachsen wir dann nicht vielleicht sogar ein Stück über uns hinaus?

Das andere ist der Trost. „Wer euch verachtet, der verachtet mich.“ Diese zweiundsiebzig Menschen, die da ausgesandt werden wie Schafe unter die Wölfe, sie werden manches zu hören bekommen. Sie werden angefeindet werden. Man wird ihnen die Tür vor der Nase zuschlagen. Man wir sie belächeln, beschimpfen und vielleicht sogar mit Steinen nach ihnen werfen. Sie werden das alles zu ertragen haben. Aber sie brauchen das alles nicht persönlich zu nehmen. Sie sind nicht selbst gemeint mit solchen Angriffen. Es ist der, von dem sie reden, der abgewiesen wird. 

Ich möchte den Zweiundsiebzig noch einmal ein Stück Bescheidenheit unterstellen. Wenn sie Ärgernis erregen, werden sie sich nicht aus eigenen Stücken damit trösten, dass sie sich sagen: An mir liegt es nicht. Ich kann die Kritik und den Ärger kalt an mir heruntergehen lassen. Denn es ist ja in Wirklichkeit Jesus Christus, der hier angegriffen wird. 

Das wäre, wenn sie es denn sagen würden, wohl arg unbescheiden. Denn ist es nicht unsere unvollkommene und unangemessene Art, von Jesus Christus zu reden, die Unverständnis und Ärger erregt, sodass wir eigentlich selbstkritisch in uns gehen müssten?

Es ist aber er, der das sagt: „Wer euch verachtet, der verachtet mich“. Drückt sich darin nicht wiederum ein großes Vertrauen aus, ein tröstliches Vertrauen, das auch uns helfen kann, Zeiten des Unverständnisses, der Anfeindung und Anfechtung und des Zweifels zu überstehen? Können wir uns nicht sogar gerade dann zu unseren eigenen Schwächen bekennen, wenn wir wissen: Er setzt großes Vertrauen in uns - trotz allem? 

Es ist ein sehr seelsorgerlicher Satz für alle, die Jesus Christus verkündigen: „Wer euch hört, der hört mich, und wer euch verachtet, der verachtet mich.“

(Morgenandacht in St. Markus, Hamburg-Hoheluft am 15. Juni 1982)

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